Côte d’Azur: Plünderungen nach Überschwemmung
Edgar Gärtner
In und um die schicke Festival-Stadt Cannes an der Côte d’Azur herrscht nach einem extrem starken Wolkenbruch das Chaos. Deutsche TV-Sender und Tageszeitungen zeigten zwar Bilder von abgesoffenen Campingplätzen und ins Meer gespülten Pkw, wiesen aber nicht darauf hin, dass es nach großflächigen Stromausfällen im Schutz der Dunkelheit zu Plünderungsszenen kam. Warum wohl?

Sturzbachartige Regenfälle im Oktober sind an der französischen Mittelmeerküste nichts Ungewöhnliches. Meteorologen sehen darin ein typisches Wetterphänomen nach der langen mediterranen Sommertrockenheit. Ein zwischen Spanien und Korsika liegendes Tiefdruckgebiet presst dann feuchtwarmen Sturmwind gegen die Cevennen im Süden des Zentralmassivs sowie die provenzalischen und Seealpen.
Normalerweise entladen sich die vom stürmischen Südwind herangekarrten Wolken eher über den Cevennen und der Römerstadt Nîmes, wo alte Dörfer und historische Bauwerke gegen mehr oder weniger regelmäßige Überschwemmungen gefeit sind. Doch dieses Mal hat es die schicke Stadt Cannes viel weiter östlich an der Côte d’Azur mit voller Wucht getroffen.
Während die Deutschen am Samstag, dem 3. Oktober, das 25-jährige Jubiläum ihrer Wiedervereinigung feierten, gingen in Cannes innerhalb von nur drei Stunden 180 Millimeter Regenwasser je Quadratmeter nieder. Im Nachbarort Mandelieu-la-Napoule waren es 159 Millimeter und in Valbonne bei Biot immerhin noch 100.
Das reichte, um die historische Glasbläserei von Biot unter Wasser zu setzen. Hierher kam der französische Staatspräsident François Hollande am Sonntagnachmittag, um den Zigtausenden
durch die Katastrophe Geschädigten der nationalen Solidarität zu versichern.

Die Betroffenen werden sich daran erinnern. In Cannes drückten die schlammigen Wassermassen die Scheiben von Supermärkten und zahlreichen mehr oder weniger luxuriösen Boutiquen ein und überfluteten Tiefgaragen und Keller.
Camper mussten sich auf die Dächer ihrer Wohnwagen retten. Dabei kamen mindestens 17 Menschen ums Leben, drei davon in einem überschwemmten Seniorenheim bei Biot.
Etliche Menschen waren noch als vermisst gemeldet, als diese Zeilen geschrieben wurden. Über 70 000 Haushalte waren zeitweise ohne Strom.
Davon saßen 16 000 auch am späten Sonntagnachmittag noch im Dunkeln. Die Zugverbindung zwischen Toulon und Nizza wurde für fast 24 Stunden unterbrochen.
Etwa 4000 Passagiere mussten in liegengebliebenen Zügen nächtigen. Trotz der Todesgefahr haben sich »Individuen« in der Nacht von Samstag auf Sonntag nicht davon abhalten lassen, die
verworrene Lage auszunutzen, um Supermärkte und Boutiquen zu plündern.

Allein in einem überschwemmten Lidl-Markt in Cannes wurden sieben von ihnen auf frischer Tat ertappt und festgenommen.
Nach Angaben von Bürgermeister David Lisnard gab es in der Stadt vier weitere Festnahmen. Insgesamt neun Täter kamen nach Angaben der Präfektur in Untersuchungshaft.
Viele Plünderer konnten sich aber offenbar im Schutz der Dunkelheit dem Zugriff der Polizei entziehen.
Der Präfekt des Départements Alpes Maritimes, Adolphe Colrat, wies darauf hin, dass es regelrechte Plünderungs-Szenen gab. Er hat deshalb zwei zusätzliche Kompanien der
Eingreiftruppe CRS nach Cannes beordert. Diese Polizeitruppe befindet sich wegen der Terrorgefahr ohnehin schon seit Jahresbeginn im Daueralarm.

Eric Ciotti, der Vorsitzende des Generalrats des Départements und örtliche Parlamentsabgeordnete der Oppositionspartei Les Républicains, erklärte, die Plünderungsszenen offenbarten den »schrecklichen Zustand« der französischen Gesellschaft.
Weder die Tagesschau der ARD noch die heute-Nachrichten des ZDF noch Tageszeitungen wie die Welt verloren auch nur ein einziges Wort über die Plünderungen.
Das deutsche Publikum soll offenbar nicht mitbekommen, was passieren würde, wenn es bei uns infolge der verhunzten »Energiewende« zu einem Blackout käme.
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