Montag, 28. September 2015

Wird Deutschland zum atomaren Trümmerfeld?

Wird Deutschland zum atomaren Trümmerfeld?

F. William Engdahl

Am 21. September berichtete das Zweite Deutsche Fernsehen, die USA bereiteten die Stationierung von 20 neuen, hochmodernen Atombomben vom Typ B 61-12 auf dem Bundeswehr-Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz vor. Büchel liegt nur einen atomaren Steinwurf entfernt vom Wohnsitz des Autors. Diese Stationierung ist keine Kleinigkeit, denn dadurch wächst die Wahrscheinlichkeit eines Atomkriegs durch Fehleinschätzung zwischen den Vereinigten Staaten und Russland, und Deutschland wird zum direkten ersten Ziel einer solchen Eskalation gemacht. Ashton »Ash« Carter und die Kriegsfalken im US-Finanzministerium scheinen jeden Kontakt zur Wirklichkeit verloren zu haben.

Die neueste amerikanische Atombombe B 61-12 wird vom Pentagon als modernisierte, langlebigere Version der Standard-Atombomben bezeichnet, die seit 1966 im Dienst sind, doch laut Hans M. Kristensen, Direktor des Nuclear Information Project bei der Federation of American Scientists, ist sie ein neuer Typ einer »Atombombe, die gegenwärtig nicht im nuklearen Arsenal enthalten ist, mit deutlich erweiterten militärischen Fähigkeiten. Es ist das teuerste Atombombenprojekt aller Zeiten, viele Kosten sind noch gar nicht bekannt.«
Umgehend zeigte sich das russische Außenministerium besorgt über die Pläne zur erweiterten Stationierung von US-Waffen in Deutschland.

Dies stelle auch einen Verstoß gegen den Vertrag über die Nichtverbreitung von Atomwaffen aus dem Jahr 1970 dar, der von über 190 Staaten ratifiziert wurde.

Wladimir Putins Sprecher Dmitri Peskow erklärte vor Medienvertretern, die Stationierung amerikanischer Atomwaffen könnte »zu einer Zerstörung des strategischen Gleichgewichts in Europa« führen und Russland zu Maßnahmen zwingen, das strategische Kräftegleichgewicht wiederherzustellen, um Russlands nationale Sicherheit zu garantieren.

Am 1. Juli 2015 testete das Pentagon die B 61-12 auf dem Testgelände in Nevada, das russische Verteidigungsministerium protestierte energisch gegen die Versuche. Vize-Verteidigungsminister Anatoli Antonov erklärte, die neue Atomwaffe sei für das nukleare Arsenal der USA in Europa vorgesehen.

Die getestete Atombombe könne verschiedenen Zwecken dienen. Sie könne ein Element strategischer Offensivwaffen darstellen – wenn sie durch schwere Bomber abgeworfen werde – undein Element nicht-strategischer Atomwaffen, wenn sie von Kampfflugzeugen abgeworfen werde.

Antonov setzte noch hinzu: »Das Besondere an den durchgeführten Tests war, dass der Luftüberlegenheitsjäger F-15E als Träger der Atomwaffen eingesetzt wurde. Das gibt Grund zu der Annahme, dass der Test in der Absicht durchgeführt wurde, zu prüfen, ob die B 61-12 Atombombe durch in Europa stationierte NATO-Kampfflugzeuge genutzt werden könne.«

Pentagon-Pläne für einen Krieg gegen Russland

Ein Bericht in der Septemberausgabe der Zeitschrift Foreign Policy zitiert hochrangige Quellen im US-Verteidigungsministerium. Das Ministerium prüfe und aktualisiere seine Pläne für einen bewaffneten Konflikt mit Russland. Meldungen zufolge schließe Prüfung und Aktualisierung auf amerikanischer Seite den möglichen Einsatz sogenannter »taktischer« Atomwaffen gegen Russland ein.

In seiner Bestätigungsanhörung erklärte der neue Vorsitzende der US Joint Chiefs of Staff, General »Fightin« Joe Dunford, Russland stelle eine »existenzielle Bedrohung« für die USA dar. Vor drei Jahren war es China. Sie können sich offenbar nicht entscheiden.

Verstärkt werden die militärischen Spannungen zwischen der NATO und Russland durch»Patrouillenflüge«, die die deutsche Luftwaffe mit dem Eurofighter Typhoon bei voller Bewaffnungüber den drei baltischen Staaten durchführt.

Luftwaffen-Inspekteur General Karl Müllner erklärte, die Entscheidung, mit voller Bewaffnung zu fliegen, sei getroffen worden, um die deutschen Piloten »zu motivieren«.Er erklärte weder gegen welchen Feind sich die Luftwaffe richten würde, noch wofür seine Piloten motiviert werden.

Die neue Atomwaffe B 61-12 könnte auch für deutsche Tornado-Kampfflugzeuge angepasst werden. Vielleicht würde das die deutschen Piloten wirklich motivieren.

Im Juni dieses Jahres reiste US-Verteidigungsminister Carter nach Stuttgart zu einem Treffen mit einem Dutzend in Europa stationierter militärischer Kommandeure und Botschafter in der Zentrale des US European CommandBei der Gelegenheit erklärte er»Wir haben etwas, das in letzter Zeit eine bedauerliche Wende nimmt, nämlich Russland.« Hmm.

Dritter Weltkrieg? Wie meinen Sie das?

Das Seltsamste in diesem Kontext eines eskalierenden Dramas zu einem Zeitpunkt, wo Russland Washington offen auffordert, sich seiner Anti-Terror-Koalition in Syrien gegen ISIS und andere Dschihad-Gruppen anzuschließen, ist eine wenig beachtete Bemerkung des Papstes. Bei seiner Rede am 19. September am Jose-Mari-Flughafen in Havanna fügte Papst Franziskus, der erste jesuitische Papst der Geschichte, seinem vorbereiteten Redetext eine seltsame Wendung hinzu.

Jose Mario Bergoglio – dessen päpstlichen Namen die offizielle Website des Jesuitenordens anfänglich nicht auf Franz von Assisi, sondern auf Franz Xaver, den Mitbegründer des Ordens zurückführte – lobte die jüngsten Schritte der USA zur Aussöhnung mit Kuba nach über 50 Jahren amerikanischer Sanktionen; die USA und Kuba könnten ein Beispiel für die Welt sein, »eine Welt, die in diesem Dritten Weltkrieg Versöhnung braucht.«

Entschuldigen Sie, Eure Heiligkeit? Es ist bekannt, dass die Jesuiten als militärischer Orden gegründet wurden und »Soldaten Gottes« genannt wurden, aber was meinen Sie hier? Wissen Sie etwas, das wir nicht wissen?

Laut meinem Kollegen Pepe Escobar von Russlands Sputnik International und Asia Times war »Dritter Weltkrieg« nicht Teil des ursprünglichen Redetexts des Papstes. Franziskus fügte die Worte persönlich auf dem Flug von Rom nach Havanna hinzu.

Sollte das etwa signalisieren, dass uns der Vatikan unter dem militanten Banner des ersten jesuitischen Papstes der Geschichte, in einen Dritten Weltkrieg gegen Russland und seine Verbündeten und mit Sicherheit auch gegen China bringt? Nur wenige Staatsmänner und politische Führer, die ich kenne, nennen das Dritter Weltkrieg.

Soll der Kommentar signalisieren, dass das tausendjährige Bemühen der römischen Kirche, das orthodoxe Christentum auszuschalten, dessen Bollwerk heute Russland ist, zusammen mit Griechenland, Serbien und der Ostukraine, als höchster Preis betrachtet wird? Hoffen wir, dass es nicht so ist, und hoffen wir, dass die eingeschobenen Worte der Müdigkeit oder dem Jetlag auf dem langen Flug von Rom nach Havanna geschuldet waren.





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